127 km, über 1000 Höhenmeter als Bilanz für den ersten Fahrtag. Das ist ganz entschieden zu viel, war auch nicht geplant.
In aller Früh sind wir in Santiago Richtung Meer aufgebrochen, noch bevor es wirklich hell war. Nautische Dämmerung nennt sich der Zustand, wenn die ersten Sterne verblassen. Unser Plan sieht vor, die Fahrradautobahn unten entlang des Rio Mapocho stadtauswärts zu nehmen. Was wir nicht wussten: Auch Radwege können Öffnungszeiten haben, und hier beginnen diese ganz entschieden nach 6 Uhr morgens…. Nicht schlimm, der Verkehr hält sich noch in Grenzen und auch oberhalb des Flußes gibt es Radwege und Parkwege, so dass wir fast ohne Autoberührung aus dem gröbsten Stadtgebiet hinausgelangen. Dann wird es erst mal ungemütlich: Die Ausfallstraße an der Stadtgrenze, ist laut, dreckig, vermüllt, stark befahren, stinkt. Ein internationales Phänomen. Nach ca. 15 weiteren km wird langsam schöner, die Landschaft hügelig, der Verkehr lässt deutlich nach. Im ersten Dorf gibt es auch Stände mit Kaffee und Tee und wir greifen dankbar zu. Für beides bekommen wir je einen Becher mit heißem Wasser gereicht, in das wir wahlweise Teebeutel oder Nescafe rühren dürfen. Milch: gibt’s nicht. Geht aber auch ohne. Frisch gestärkt radeln wir weiter Richtung Berge, es wird immer schöner und idyllischer. Und heißer! Als wir den Fuß unseres Passes über die Küstenkordillere erreichen ist es fast Mittag. Unterwegs begegnen wir Scharen von Rennradfahrern, mutmaßlich aus Santiago. Es ist Samstag, da wird Sport getrieben wie bei uns! Wir werden vielfach von ihnen angefeuert auch mal nach Richtung und Ziel befragt, Ein Radler bittet sogar um ein Selfie mit uns. Das tut natürlich gut.
Also ran an die Steigung. Es geht bergauf, erst mäßig, dann immer steiler bis zu 10% müssen wir auf den nächsten 11 km bewältigen. Gut, dass wir genug Wasser dabeihaben, quasi jeder (eher rare) Schatten wir für eine Trink- und Verschnaufpause genutzt. Das radeln ist noch ungewohnt, das Gepäck schwer… ich muss teilweise sogar schieben. Anfangs haben wir uns über leichten Rückenwind gefreut, aber mit zunehmender Höhe spüren wir den Wind vom Meer her wehen und zwar genau gegen uns! Die letzten km tun noch mal richtig heftig weh! Oben angekommen am Pass ist es schon 14 Uhr. Leider steht da noch nicht mal ein Passschild zum fotografieren. Auch die Abfahrt dauert länger als geplant; weil es so steil bergab geht und so warm ist laufen die Bremsen heiß, wir müssen Kühlpausen einlegen.
Im Tal gibt erstmal Verpflegung und dann wollten wir eigentlich ein Quartier suchen. Leider gestaltet sich das schwerer als gedacht, weil nämlich verlängerte Wochenende ist und halb Santiago das Umland genießen will! Alles scheint ausgebucht zu sein und wir fahren mit wachsender Verzweiflung immer weiter und weiter. Viele Übernachtungsbetriebe sind anscheinend in Coronazeiten geschlossen und nie wieder eröffnet worden. Ein kleines Dejavu-Erlebnis, erinnert mich an diesen August beim Radeln durch Franken…
In meiner Not frage ich an der nächsten besiedelten Hauptstraße Passanten. Die verweisen mich grinsend auf das nahegelegen Motel. Moment mal, ein Motel bedeutet doch hier so was wie Stundenhotel…? Ja, aber übernachten kann man das ja trotzdem, sagen die Angesprochene. Ok, bevor wir auf der Straße schlafen. Es ist schon fast 19 Uhr, die Sonne droht unterzugehen. Also fragen wir im Motel mal an. Kein Problem, 30 Euro (umgerechnet), sagt die freundliche Stimme am verschlossenen Tor und wir werden eingelassen auf dem Gelände. Rund um ein Hauptgebäude stehen lauter kleine Anbauten, jedes separat, mit je einem Stellplatz fürs Auto daneben. Der Stellpatz lässt sich mit einem Tor abdecken, gezahlt wird über eine kleine Klappe im Zimmer. Normalerweise bekommt man die Angestellten nicht zu Gesicht, so diskret läuft hier der Laden. Das Personal macht für uns eine leicht amüsierte Ausnahme, eine Dame reckt den Kopf in die Bezahlklappe und erklärt uns alles. Wir bekommen sogar noch 2 Flaschen Wasser und Chips dazu. Unser Zimmer ist sauber und geräumig, wir stellen über Nacht sogar die Räder hinein. Gar nicht so schlecht getroffen hier!
Als wir ankommen sind wir die einzigen Gäste aber über Nacht füllt sich der Laden. Der Chilereiseführer erklärt uns, Dass vor allem Geschäftsleute mit ihren Geliebten und junge Leute, die noch zu Hause leben solche Einrichtungen nutzen. Uns egal, wir schlafen erschöpft und selig in dem sehr bequemen Bett.
30. Oktober
Es geht los! Der erste Tag unterwegs












Aufbruch vor Sonnenaufgang
Rückblick auf die Anden
Es wird heiß heute!
Und anstrengend!
Unser Motelzimmer
Kunstwerk am Straßenrand
Jedes Motelzimmer hat einen eigenen Stellplatz vor der Tür. Links sieht man das Gitter, das man davor ziehen kann
Die Landschaft wird immer schöner!
der Pass ist leider unspektakulär beschildert. Dafür haben wir eine schöne Aussicht!






Wir müssen um 7:30 Uhr spätesten auschecken, hat uns die freundliche Dame gestern mitgeteilt und so stehen wir kurz nach halb 8 Uhr an der nahegelegenen Tankstelle zum Frühstücken. Kaffee mit Hörnchen (Medialuna), fast wie in Italien.
Danach geht’s endlich ans Meer, das wir nach 8 km erreichen. Ab jetzt führt uns eine kilometerlange Küstenstraße durch sehr urbanes Gebiet. Ein Hotelburg reiht sich an die anderen, dazwischen immer wieder Steilhang und Felsen, sehr schön. Im Wasser tummeln sich Surfer und SUP-Boardfahrer, auf den Felsen Pelikane und andere Seevögel.
Es gibt eine angenehme Überraschung: Am Sonntagmorgen sind die ersten 20 Km für Autos gesperrt um Platz für Freizeitsportler zu machen. Ein Traum! Später gibt’s dann schon noch Autoverkehr, meistens können wir aber auf Rad- und Fußwegen ausweichen.
Wir fahren nur 37 km heute, dann sind wir in unserem (vorausgebuchten, keine Überraschungen mehr für heute!) Hostal in Valparaiso angekommen. Wie zum Ausgleich für die letzte Nacht haben wir jetzt 2 Einzelbetten auf 2 Etagen, das Zimmer ist nur ca. 2 m breit.
Wir gehen gleich auf Rundtour durch die wunderschöne Stadt, und weil es uns so gut gefällt und wir doch etwas platt vom Vortag sind, beschließen wir, 2 Nächte zu bleiben. Es gibt viel zu entdecken hier!
31. Oktober
Endlich am Meer!












Sind das Pelikane?
Kein Auto weit und breit!
ganz schön Wellengang am Pazifik!
Valparaiso ist voller Wandgemälde
überall schöne Treppenaufgänge
noch mehr Treppen...
Platz des Spiels für Groß und klein!
mehr Gemälde an Fassaden
wer zu müde ist kann auch Seilbahn fahren!
Wir stärken uns mit Kuchen und frisch gepresstem Saft
und voller Blumen und Blüten!

















