23. Oktober

Angekommen in Santiago de Chile

Wir sind gut angekommen! Erfreulicherweise kamen Gepäck und Fahrräder mit ein und demselben Flieger wie wir und auch die Einreiseprozedur war vor allem langwierig, es hat aber alles gut geklappt! Allen Befürchtungen zum Trotz, wir könnten in dem Wust an Formularen, Bestimmungen und Voraussetzungen irgendwas übersehen, vergessen oder falsch gemacht haben….

Jetzt sitzen wir in unserem wunderschönen Hostal in Quarantäne und vertreiben uns die Zeit mit Lesen, Schreiben, umpacken, Räder aufbauen und vor allem mit seeligem Nixtun. Das ist nach der Hektik und dem Stress der letzten Wochen eine schöne Abwechslung und ein sonniger Balkon mit wunderbaren Ausblick, Passionsblumen und Papageien lässt einen das Eingesperrt sein auch nicht sooo schlimm vorkommen!

5 Tage in Quarantäne

"...wir bemühen uns, euch die Tage in Quarantäne so angenehm wie möglich zu gestalten...!" Das war die Ansage unseres Gastgebers Christian im Hostal Tambo Verde, und ich kann begeistert berichten, dass er nicht übertrieben hat! Wir hatten die letzten Tage 3x täglich leckeres Essen, nachmittags kam auf Anfrage ein Kaffee daher, auch unser Wunsch nach leckerem Weißwein wurde quasi sofort erfüllt! Eindeutig eine gute Wahl, hierher zu kommen!

Die Sonne scheint jeden Tag bei bis zu 30 Grad und mittags können wir es auf dem Balkon nicht aushalten und fliehen ins kühle Zimmer. Gelegentlich gibt es einen lautstarken Katzenkampf auf den umliegenden Dächern, ansonsten sind wir mit unseren mitgebrachten Büchern fast durch, die meisten Spanischlektionen sind wiederholt, die Fahrräder haben wir fertig aufgebaut, und auch an der wunderschönen Umgebung des Hostals haben wir uns langsam sattgesehen. Es wird Zeit, dass wir rauskommen! Morgen endet die Zeit im Zimmer, und für den Stadtrundgang in Santiago habe ich schon viele Ideen!

Das bisher bemerkenswerteste Ereignis war ein wackliges Rumpeln, das uns vorletzte Nacht kurz geweckt hat. Mehr als "oha, ein Erdbeben!" habe ich mir allerdings nicht dabei gedacht. Bin gleich wieder eingeschlafen. Aber ich hab natürlich nachgelesen: das Beben mit dem Epizentrum in Valparaiso hatte die Stärke 5,0, ein Erdbeben also, wie sie in Chile durchschnittlich 400 x pro Jahr vorkommen. Kein Grund zur Besorgnis! Die Chilenen haben dafür einen eigenen Ausdruck: Temblores, was in etwa Wackeln heißt. Nicht wirklich ein Terremoto, da stürzt dann schon mal was um oder ein.

Zum Thema Quarantäne noch eine kleine Erklärung: Will frau derzeit nach Chile einreisen will, muss sie nicht nur 2x geimpft sein, es wird auch vor der Einreise je ein PCR-Test verlangt und bei der Einreise ein Weiterer gemacht. Ich musste vor Abreise ellenlange Online-Formulare ausfüllen und dazu Beweise (von Impfung und PCR-Test) hochladen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird das dann alles überprüft (Abreise, Zwischenstopps, 2x bei der Einreise) und wenn frau dann endlich in Chile angekommen ist, muss sie noch mal 5 Tage in Quarantäne. Immerhin in eine Unterkunft der eigenen Wahl, aber dass wir uns dort wirklich aufhalten, hat das Gesundheitsamt bisher täglich kontrolliert! Es stehen wirklich jeden Tag 1-2 Mitarbeiter vor der Tür und schauen unsere Ausweise an. Zudem bekommen wir täglich eine Mail, mit Fragen, wie es um unsere Gesundheit steht, und die müssen wir 14 Tage lang täglich beantworten. Ich gebe allerdings zu, das dauert nur 2 Minuten. Kein Streß also...

27. Oktober

Daniel beim Basteln am Rad

...und schon ist es fertig und gepackt!

Cerro San Christobal, der Hügel, den wir jeden Tag sehen. Morgen will ich da rauf!

leckerer chilenischer Weißwein, eisgekühlt!

Unser Zimmer Nummer 7... der Name Chimba bezeichnete ursprünglich den Stadtteil

... und hier auf dem Stadtplan, etwas älterem Datums

Endlich frei! Sightseeing in Santiago und Reisevorbereitung

Endlich dürfen wir raus! Nach dem Frühstück am Balkon, um 9:24 Uhr (das nehmen die Chilenen seeehr genau!) ist es dann soweit: wir werden aus der Quarantäne entlassen. Wir schnappen uns einen kleinen Stadtplan und ziehen fröhlich los! Schon eine Stunde später ist klar: wir haben uns zu viel vorgenommen. Der Weg in die Innenstadt ist weiter als gedacht, der Verkehr ist unsäglich, viel und laut. Es gibt unglaublich viel mittellose Menschen hier, die sich in allen Parks und entlang am Fluss Rio Mapocho Bretterverschläge gebaut haben, teilweise auch in Zelten hausen. Viele Chilenen versuchen sich mit dem Verkauf von irgendwelchem Krimskrams durchzuschlagen und wollen uns das verständlicherweise andrehen. Vieles ist erst mal fremd und erschlägt uns mit Eindrücken.

Der Start läuft holprig; nach dem Weg oder einem bestimmten Laden fragen ist schwierig, weil die Chilenen aus Höflichkeit eher irgendetwas erzählen, als zuzugeben, dass sie es auch nicht wissen. Aber langsam wird alles leichter. Jeder sieht Interessantes, wir trinken erst mal einen frisch gepressten Saft, finden einen tollen Laden für den gesuchten Reiseproviant aus Trockenfrüchten und Nüssen, besichtigen den Plaza de Armas und den Präsidentenpalast. Auf dem Rückweg ist es dann schon sehr, sehr heiß und wir sind heilfroh wieder in unserem Viertel Bellavista zu sein, wo es viel ruhiger, viel schöner und vor allem durch die alleenartigen Straßen schattig ist. Jetzt erst mal eine ausgiebige Siesta!
Unser Gastgeber Christian setzt sich bei einem Capucchino im hauseigenen Cafe mit uns zusammen und beantwortet geduldig unsere 105 Fragen und gibt uns nützliche Tipps.
Am Nachmittag und Abend schauen wir uns nochmal im Viertel um, ich finde einen kleinen Radladen, der uns beim Aufpumpen der Räder behilflich ist und lerne so langsam das Leben hier kennen. Ausgehen will natürlich auch, es ist alles voller netter kleiner Kneipen und Cafes.

Gleich am nächsten Morgen ist der Cerro San Christobal dran, unser Hausberg, den wir 5 Tage lang sehnsüchtig aus direkter Nähe betrachtet haben. Der Aufgang ist gleich in der Nähe des Hostal und wir wandern früh los, da ist weniger los, und es ist noch nicht so heiß. So ein Hügel mitten in der Stadt ist toll! Auf dem Rundweg hinauf, der ca. 1,5 Stunden dauert, können wir Santiago von allen Seiten betrachten. Ganz oben steht eine riesige, weiße Marienstatue. Wir dürfen leider nicht näher ran, rund rum am Gipfel ist alles noch zu. Trotz der frühen Stunde sind schon einige Leute da, viele Sportler, die morgen hier rauf joggen, Mountainbiker und auch einige, die wir sofort im Verdacht haben, mit der Seil- oder Zahnradbahn hier angekommen zu sein. Beides führt hier rauf, kostet aber einiges. Wir verzichten und gehen auch zu Fuß wieder runter. Weils so schön war, fahren wir nach dem Frühstück noch mal mit dem Fahrrad hinauf. Die müssen schließlich auch mal Probe gefahren werden! Wir müssen dann feststellen, dass im Park der ganze Berg ist eine riesige Parkanlage) Helmpflicht herrscht. Die Helme haben wir natürlich im Hostal liegen, das macht aber nix, dann wird die Probefahrt halt noch ein bisschen länger….

Weil wir ja am Folgetag losfahren wollen, gibt es noch einiges zu erledigen, Proviant aufstocken, Wäsche waschen, packen, alles noch mal durchdenken und durchchecken.
In Chile brauchen Alle, die reisen wollen, einen Paso de Movilidad. Der hätte uns eigentlich am Tag nach der Quarantäne per Mail erreichen sollen. Aber: Fehlanzeige. Es ging doch alles zu glatt, ich war ja schon misstrauisch!
Wieder einmal erweist sich Christian als unentbehrlicher Helfer. Halbstündige Telefonate mit den Behörden später, nach Diskussionen mit Angestellten des Gesundheitsamtes und einer Mail, die er für uns auf Spanisch formuliert ist klar: Das kann noch dauern mit dem fehlenden Dokument, wir dürfen aber trotzdem losreisen. Wenn wir irgendwo Ärger bekommen, oder uns jemand nicht in ein Restaurant oder Hostal reinlässt, sollen wir einfach alle Mail vorzeigen, die wir von den chilenischen Behörden bekommen haben. Das sind ja in der Tat mehrere, mal sehen, ob das klappt. Angeblich ist das Problem schon bei so einigen Touristen aufgetreten und hinreichend bekannt. Auch irgendwie tröstlich…

Der Abschied von unseren netten Gastgebern hier fällt uns schon ein bisschen schwer! Jetzt sitzen wir auf gepackten Taschen, fiebern dem nächsten Tag entgegen und versuchen trotz aller Aufregung zu schlafen.

29. Oktober

tief verwurzelt in Santiago

am Rio Mapocho

bunte Häuser in unserem Viertel Bellavista

Schattige Straße Bellavista

Siesta "Zuhause"

auf dem Cerro San Christobal

Der Abschied fällt schwer: mit Christian im Hostal

in Santiago ist Frühling; überall in den Parks blüht es und riecht gut!

Bick hinunter auf Santiago

127 km, über 1000 Höhenmeter als Bilanz für den ersten Fahrtag. Das ist ganz entschieden zu viel, war auch nicht geplant.

In aller Früh sind wir in Santiago Richtung Meer aufgebrochen, noch bevor es wirklich hell war. Nautische Dämmerung nennt sich der Zustand, wenn die ersten Sterne verblassen. Unser Plan sieht vor, die Fahrradautobahn unten entlang des Rio Mapocho stadtauswärts zu nehmen. Was wir nicht wussten: Auch Radwege können Öffnungszeiten haben, und hier beginnen diese ganz entschieden nach 6 Uhr morgens…. Nicht schlimm, der Verkehr hält sich noch in Grenzen und auch oberhalb des Flußes gibt es Radwege und Parkwege, so dass wir fast ohne Autoberührung aus dem gröbsten Stadtgebiet hinausgelangen. Dann wird es erst mal ungemütlich: Die Ausfallstraße an der Stadtgrenze, ist laut, dreckig, vermüllt, stark befahren, stinkt. Ein internationales Phänomen. Nach ca. 15 weiteren km wird langsam schöner, die Landschaft hügelig, der Verkehr lässt deutlich nach. Im ersten Dorf gibt es auch Stände mit Kaffee und Tee und wir greifen dankbar zu. Für beides bekommen wir je einen Becher mit heißem Wasser gereicht, in das wir wahlweise Teebeutel oder Nescafe rühren dürfen. Milch: gibt’s nicht. Geht aber auch ohne. Frisch gestärkt radeln wir weiter Richtung Berge, es wird immer schöner und idyllischer. Und heißer! Als wir den Fuß unseres Passes über die Küstenkordillere erreichen ist es fast Mittag. Unterwegs begegnen wir Scharen von Rennradfahrern, mutmaßlich aus Santiago. Es ist Samstag, da wird Sport getrieben wie bei uns! Wir werden vielfach von ihnen angefeuert auch mal nach Richtung und Ziel befragt, Ein Radler bittet sogar um ein Selfie mit uns. Das tut natürlich gut.

Also ran an die Steigung. Es geht bergauf, erst mäßig, dann immer steiler bis zu 10% müssen wir auf den nächsten 11 km bewältigen. Gut, dass wir genug Wasser dabeihaben, quasi jeder (eher rare) Schatten wir für eine Trink- und Verschnaufpause genutzt. Das radeln ist noch ungewohnt, das Gepäck schwer… ich muss teilweise sogar schieben. Anfangs haben wir uns über leichten Rückenwind gefreut, aber mit zunehmender Höhe spüren wir den Wind vom Meer her wehen und zwar genau gegen uns! Die letzten km tun noch mal richtig heftig weh! Oben angekommen am Pass ist es schon 14 Uhr. Leider steht da noch nicht mal ein Passschild zum fotografieren. Auch die Abfahrt dauert länger als geplant; weil es so steil bergab geht und so warm ist laufen die Bremsen heiß, wir müssen Kühlpausen einlegen.

Im Tal gibt erstmal Verpflegung und dann wollten wir eigentlich ein Quartier suchen. Leider gestaltet sich das schwerer als gedacht, weil nämlich verlängerte Wochenende ist und halb Santiago das Umland genießen will! Alles scheint ausgebucht zu sein und wir fahren mit wachsender Verzweiflung immer weiter und weiter. Viele Übernachtungsbetriebe sind anscheinend in Coronazeiten geschlossen und nie wieder eröffnet worden. Ein kleines Dejavu-Erlebnis, erinnert mich an diesen August beim Radeln durch Franken…

In meiner Not frage ich an der nächsten besiedelten Hauptstraße Passanten. Die verweisen mich grinsend auf das nahegelegen Motel. Moment mal, ein Motel bedeutet doch hier so was wie Stundenhotel…? Ja, aber übernachten kann man das ja trotzdem, sagen die Angesprochene. Ok, bevor wir auf der Straße schlafen. Es ist schon fast 19 Uhr, die Sonne droht unterzugehen. Also fragen wir im Motel mal an. Kein Problem, 30 Euro (umgerechnet), sagt die freundliche Stimme am verschlossenen Tor und wir werden eingelassen auf dem Gelände. Rund um ein Hauptgebäude stehen lauter kleine Anbauten, jedes separat, mit je einem Stellplatz fürs Auto daneben. Der Stellpatz lässt sich mit einem Tor abdecken, gezahlt wird über eine kleine Klappe im Zimmer. Normalerweise bekommt man die Angestellten nicht zu Gesicht, so diskret läuft hier der Laden. Das Personal macht für uns eine leicht amüsierte Ausnahme, eine Dame reckt den Kopf in die Bezahlklappe und erklärt uns alles. Wir bekommen sogar noch 2 Flaschen Wasser und Chips dazu. Unser Zimmer ist sauber und geräumig, wir stellen über Nacht sogar die Räder hinein. Gar nicht so schlecht getroffen hier!

Als wir ankommen sind wir die einzigen Gäste aber über Nacht füllt sich der Laden. Der Chilereiseführer erklärt uns, Dass vor allem Geschäftsleute mit ihren Geliebten und junge Leute, die noch zu Hause leben solche Einrichtungen nutzen. Uns egal, wir schlafen erschöpft und selig in dem sehr bequemen Bett.

30. Oktober

Es geht los! Der erste Tag unterwegs

Aufbruch vor Sonnenaufgang

Rückblick auf die Anden

Es wird heiß heute!

Und anstrengend!

Unser Motelzimmer

Kunstwerk am Straßenrand

Jedes Motelzimmer hat einen eigenen Stellplatz vor der Tür. Links sieht man das Gitter, das man davor ziehen kann

Die Landschaft wird immer schöner!

der Pass ist leider unspektakulär beschildert. Dafür haben wir eine schöne Aussicht!

Wir müssen um 7:30 Uhr spätesten auschecken, hat uns die freundliche Dame gestern mitgeteilt und so stehen wir kurz nach halb 8 Uhr an der nahegelegenen Tankstelle zum Frühstücken. Kaffee mit Hörnchen (Medialuna), fast wie in Italien.

Danach geht’s endlich ans Meer, das wir nach 8 km erreichen. Ab jetzt führt uns eine kilometerlange Küstenstraße durch sehr urbanes Gebiet. Ein Hotelburg reiht sich an die anderen, dazwischen immer wieder Steilhang und Felsen, sehr schön. Im Wasser tummeln sich Surfer und SUP-Boardfahrer, auf den Felsen Pelikane und andere Seevögel.

Es gibt eine angenehme Überraschung: Am Sonntagmorgen sind die ersten 20 Km für Autos gesperrt um Platz für Freizeitsportler zu machen. Ein Traum! Später gibt’s dann schon noch Autoverkehr, meistens können wir aber auf Rad- und Fußwegen ausweichen.

Wir fahren nur 37 km heute, dann sind wir in unserem (vorausgebuchten, keine Überraschungen mehr für heute!) Hostal in Valparaiso angekommen. Wie zum Ausgleich für die letzte Nacht haben wir jetzt 2 Einzelbetten auf 2 Etagen, das Zimmer ist nur ca. 2 m breit.
Wir gehen gleich auf Rundtour durch die wunderschöne Stadt, und weil es uns so gut gefällt und wir doch etwas platt vom Vortag sind, beschließen wir, 2 Nächte zu bleiben. Es gibt viel zu entdecken hier!

31. Oktober

Endlich am Meer!

Sind das Pelikane?

Kein Auto weit und breit!

ganz schön Wellengang am Pazifik!

Valparaiso ist voller Wandgemälde

überall schöne Treppenaufgänge

noch mehr Treppen...

Platz des Spiels für Groß und klein!

mehr Gemälde an Fassaden

wer zu müde ist kann auch Seilbahn fahren!

Wir stärken uns mit Kuchen und frisch gepresstem Saft

und voller Blumen und Blüten!

Angekommen in Santiago de Chile

10/27/202112 min read